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1. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 80

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
80 1033 Wahl Krö- des Königs 1077 und sächsischen Erzgebirge die südthüringische Mark, nach Osten von diesen Marken schloß sich die Mark Meißen an. Auch im Süden bildeten sich Grenzgrafschaften: die bayrische Ostmark (Österreich), die steirische und die kärn thnische Mark. Konrad Ii. vereinigte 1033 auf dem Tage zu Peterlingen das burgundische Reich mit dem deutschen, welches sich jetzt bis zum Mittelmeer ausdehnte und Marseille und Arles zu seinen Städten zählte. Auch der größere Teil Italiens etwa bis zum Garigliano gehörte zum Verbände der deutschen Weltherrschaft. Lehnsherrschaft übten die deutschen Könige über Polen und Dänemark, welches erst unter Knud dem Großen srei wurde; zeitweilig stand auch das Westfrankenreich unter dem Schutze des deutschen Königs (Otto d. Gr.). Letzterer wurde gewählt. Zu diesem Zwecke traten die (Stämme mit ihren weltlichen und geistlichen Fürsten zusammen. Die Entscheidung lag naturgemäß in den Händen der Fürsten. Unter ihnen war der Erzbischof von Mainz der erste. Er berief den Wahlreichstag und gab auf demselben zuerst seine Stimme ab. Bis zum Reichstage von Forchheim 1077 zur Zeit Heinrichs Iv. galt der Grundsatz, die Krone in der herrschenden Familie forterben zu lassen, eine eigentliche Wahl fand also erst dann statt, wenn der König ohne nähere Erben verstorben war. Einzelne Stämme haben indes stets verlangt, daß der Erwählte von ihnen noch besonders bestätigt werden müsse. (Die Sachsen bei Heinrich Ii. und Konrad Ii) Im Laufe der Zeit trat die Mitwirkung des Volkes bei der Wahl immer mehr zurück, und nur die angesehensten unter den Fürsten, die man schon mit dem Namen Kurfürsten (Electores) bezeichnete, erkoren den Herrscher. Als Kurfürsten nennt der Sachsenspiegel neben dem Erzbischof von Mainz seine beiden Amtsgenossen, die Erzbischöfe von Köln und von Trier; von weltlichen Fürsten den Pfalzgrafen am Rheine, den Herzog von Sachsen und den Markgrafen von Brandenburg. Wahl- und Krönungsstadt war lange Zeit hindurch die alte Residenz Karls d. Gr., Aachen in Lothringen, und weil dieses zum Kirchensprengel Kölns gehörte, so fiel auch dem Kölner Bischöfe das Recht zu, den neugewählten Herrscher zu falben und zu krönen. (Abweichend von der Regel geschah die Wahl Heinrichs Ii. und Konrads Ii. in Mainz, der dortige Bischof vollzog Salbung und Krönung, Konrad Iii. ward in Koblenz gewählt, Friedrich I. in Frankfurt a. M.) Später fand die Wahl regelmäßig

2. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 81

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
81 in Frankfurt a. M. statt. Beabsichtigte der deutsche König, die Kaiserkrone zu erwerben, so mußte er nach Rom ziehen, nur der Papst war berechtigt, Salbung und Krönung zum römischen Kaiser deutscher Nation zu vollziehen. Der neue König wurde stets als Franke angesehen. gleichviel, welchem Stamm er entsprossen sein mochte. Er leistete dem Reiche den Eid. ,daß er Recht stärken, Unrecht kränken und des Reiches Ehre und Wohlfahrt nach allem Vermögen vertreten wolle.' Er nahm darauf den Huldigungseid von den Fürsten entgegen. denen er die Sehen des Reiches bestätigte oder von neuem verlieh. Zum Königsschmucke gehörten Mantel, Krone, Scepter und^A-r^ Schwert, Armspangen und Ring, Lanze, Kreuz und Reichsapfel. Diese Abzeigen der Königswürde wurden in späterer Zeit auf festen Burgen (Hammerstein, Trifels) aufbewahrt. ,Der König war der Hort aller Schwachen. Gewährleister der^Jas^ Standesrechte und des Besitzes; er übte den Landfrieden und schirmte die, Königs, welche ihre Beschäftigung zu weiten Reifen nötigte und sie der Habgier der mancherlei Gewalthaber im Reiche aussetzte. Mit dem Kaisertums war die Schutzherrschaft über die Kirche verbunden. Wie des Königs Schutz Habe und Person der Reichsgenossen sicherte, so bedeutete Entziehung des Schutzes, Verlust der königlichen Gnade, ihre Auslieferung an allerlei Gewaltthat/ Wie zur Zeit Karls des Großen war der König oberster Gerichtsherr wie auch oberster Leiter des Kriegswesens. Auch der Hofdienst veränderte sich nicht wesentlich. Er gliederte sich wie früher nach den vier Erzämtern des Truchsessen, des Schenken, des Käm--merers und des Marschalls. Bei feierlichen Gelegenheiten trug wohl ein fremder Fürst als Vasall des Königs diesem das Schwert vor. Seit den Zeiten Ottos d. Gr. bestand eine Hofkapelle, deren Aus-bitdung das Werk des großen Erzbischofs Bruno, des Bruders vonrapeuc' Otto I. war. In diese wurden junge Geistliche aufgenommen, die sich durch Bildung und Einsicht auszeichneten; man nannte sie Hof-fapläne. Sie empfingen durch ihren Vorsitzenden, den Kanzler, vielseitige Belehrung in weltlichen und geistlichen Dingen; sie hatten unter seiner Leitung die Schriftstücke und Briefe anzufertigen, die für den König und den Reichstag bestimmt waren. Für Urkunden und ähnliche Arbeiten lagen bestimmte Formulare vor. nach denen die Kapläne sich richten mußten. Aus den Reihen der Hofkapläne nahm der König gern die Männer, denen er wichtige Bistümer anvertrauen wollte. Sie waren in feine Staatskunst vollständig eingeweiht, und Deutsche Kulturgeschichte. L 2te Aufl. ß

3. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 83

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
83 folget wichen von diesem Grundsätze ab. Kourab I. und Heinrich I. fanden die Herzogswürde, die ihr großer Vorfahr beseitigt hatte, bereits in voller Kraft wieder vor und mußten sie anerkennen, da sie allzuinnig mit der Entwicklung der einzelnen Stämme zusammenhing: der in der Stunde der Not erkorene Führer blieb der Mittelpunkt, um den sich der Stamm scharte. Otto d. Gr. versuchte es, Karls d. Gr. Vorbilde zu folgen, aber es gelang ihm nicht. Die Herzöge blieben Fürsten, die allerdings vom Könige abhängig waren, die indes nimmermehr zu Beamten erniedrigt werden konnten. In den älteren Zeiten, bis auf Heinrich Iv., bildeten Herzöge, Markgrafen, Grafen und Herren einen Stand, dann aber schieden die Grafen und Herren aus, und die Würde des Reichsfürsten beschränkte sich auf Herzöge und Markgrafen. Durch besondere Gnade des Königs konnten Grafen und Herren in den Stand der Reichsfürsten erhoben werden. Neben den weltlichen erlangten bald die geistlichen Fürsten eine große Wichtigkeit, ja einige derselben genossen Ehrenvorzüge (die Erzbischöfe). Längst schon bestand die alte Einteilung Deutschlands nach Gauen nicht mehr, in dem alten Stammherzogtum bildeten sich neue Fürstentümer, die besondere Herren hatten. (»Sieben Fahnenlehen sind im Lande zu Sachsen: das Herzogtum zu Sachsen und die Pfalzgrafschaft, die Markgrafschaft zu Brandenburg, die Landgrasschaft zu Thüringen, die Markgrafschaft zu Meißen, die Markgrafschaft zu Lausitz, die Grafschaft zu Aschersleben. Sachsensp. Iii, 62 § 2.‘) Oft vereinigte ein Fürst mehrere Grafschaften in seiner Hand; oft lagen die Fahnenlehen, d. h. Fürstentümer, mit denen der König durch Überreichung der Fahne desselben einen seiner Großen belehnte, in verschiedenen Gauen. In dem Herzogturne bestand die Pfalzgrafschaft, der die Verwaltung der königlichen Güter oblag; ebenso waren die Bischöfe meistens mit Grafschaften belehnt, die zu ihrem Kirchensprengel gehörten, und unterstanden dann nur in militärischen Dingen dem Herzoge. Diese hatten seit der Erneuerung ihrer Würbe bahin gestrebt, bieselbe in ihrem Geschlechte erblich zu machen. Schon zur Zeit der sächsischen Könige war die Erblichkeit anerkannt, Konrab Ii. verlangte bieselbe auch für die kleineren Lehen, um an ihnen einen Rückhalt gegen die ehrgeizigen Bestrebungen der Großen zu haben. Letztere waren die natürlichen Gegner der Krone. In den Hänben einiger Fürsten war die herzogliche Gewalt stark genug, die Feinde des Reiches, Slaven, Wenben, Ungarn u. s. w. ohne Mithilfe des Königs zu besiegen. Otto der Erlauchte schlug 6*

4. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 87

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
87 ,Den ersten Heerschild führt der König; den zweiten die geistlichen Fürsten, Erzbischöfe, Bischöfe, Fürstäbte; den dritten die weltlichen Fürsten, Herzöge. Markgrafen, Landgrafen; den vierten die Lehnsleute der Herzöge, die Grafen und die ihnen, ohne ein wirkliches Grafenamt, rechtlich gleichgestellten sogenannten Freiherren oder Bannerherren, wahrscheinlich solche, die im Kriege ein Banner führten, nicht aber gleich den Grafen auch Richter im Gau waren; den fünften die Lehnsleute der vorigen, die sogenannten Gemein-, Semper- oder Schöffenbarfreien, aus denen die Schöffen genommen werden (wohl die größeren freien Grundbesitzer); den sechsten die einfachen Ministerialen, welche Ritter sind; von dem siebenten sagt die Glosse zum »Sachsenspiegel«, »man wisse nicht recht, wer dazu gehöre« (man rechnete dahin wohl die kleineren freien Grundbesitzer.)' Lehnsmann oder Vasall zu sein galt für ehrenvoller als der Stand des freien Bauern. Nur in den Urkantonen der Schweiz, im westlichen Holstein (Dith-marsen) und in Westfalen haben sich freie Bauerngemeinden erhalten können. ,Wer Lehensgutes begehrte, erbot sich dem Herrn zum Manne. Der Herr empfing die Mannschaft, indem er die gefalteten Hände des Lehnsmannes (Vasallen) zwischen seine Hände nahm und ihn küßte. Die symbolische Handlung des Mannes hieß Hulde thun. An sie schloß sich das Huldeschwören. Der Vasall sagte eidlich zu, »daß er seinem Herrn so treu und hold sein werde, wie von Rechts wegen der Mann seinem Herrn solle, solange er sein Mann sein und sein Gut haben wolle.« Darauf erfolgte die Belehnung, gleichfalls in symbolischer Form. Grafschaft und Herzogtum verlieh der König, indem er dem Geliehenen die Fahnenlanze in die Hand gab, geistliches Fürstentum mit Überreichung des Scepters. Gewöhnliches Lehnsgut that der Herr aus, indem er eine Mütze, einen Handschuh, Ring, Zweig oder dgl. darbot (Lehnsinvestitur). Das Mannenverhältnis, sowie der Lehensempfang verpflichteten zu Treue, Gehorsam. Ehrerbietung gegen den Herrn, zu Heerfolge und Dienst im Lehensgerichte. Andererseits hatte der Herr den Vasallen zu schützen wie einen gesippten (verwandten) Mann/ Verliehen wurden Länder, Fürstentümer, öffentliche Ämter, Grundbesitz und abhängige Leute, Zins und Zehnten u. s. w. Abteien wurden oft an weltliche Herren verliehen. Der große Reichtum der Stifter und Klöster ermöglichte es Bischöfen und Äbten, selbst die höchstgestellten Fürsten zu ihren Lehensleuten zu machen. (E. Blume.)

5. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 123

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
123 Man hätte glauben sollen, daß^eine so vorsichtig den Verhält-G-sese. niffen angepaßte Rechtspflege jedem Bedürfnisse des Volkes vollauf genügt hätte. Aber die Klagen über Selbsthilfe belehren uns eines andern. Es kam immer häufiger vor. daß Leute, die in Streit gerieten oder sich geschädigt glaubten, zu den Waffen griffen und sich mit Gewalt Recht zu verschaffen suchten. Der Friede wurde dadurch so oft gestört, daß die Reichstage sich immer von neuem mit der Frage beschäftigen mußten, wie diesem Übel zu steuern sei. Zwar standen die alten Volksrechte und die karolingischen Kapitularien noch überall in gesetzlicher Geltung, nur waren sie der Eigenart der verschiedenen Stämme mehr angepaßt worden und hatten somit einige Veränderungen erlitten, aber ihre Bestimmungen gegen Landfriedensbrecher schienen nicht scharf genug mehr zu sein. Wiederholt verkündete daher der Reichstag sogen. „Land- und Gottesfrieden" und setzte auf die Störung derselben die schwersten Strafen. Auch wurde bestimmt, daß solche Verordnungen ausgezeichnet, den Gesetzen der früheren Kaiser und Könige eingereiht und als immerwährendes Recht gehalten werden sollten. Nichtsdestoweniger klagte man zu Anfange des dreizehnten Jahrhunderts, daß die Deutschen sich wenig an die geschriebenen Reichsgesetze kehren. Die Weiterbildung des Rechtes geschah durch die praktische Rechtsübung und Urteilsfindung. Erst Eike von Reppichau unternahm es. die im Sachsenstamme leben- 1230 digen Rechtsgewohnheiten in umfassender Darstellung zusammenzuordnen. Sein „Sachsenspiegel" erwarb sich bald ein außerordentliches Ansehen. „Er wanderte in alle Gebiete der deutschen Zunge, von Livland bis in die Niederlande, von Bremen und Hamburg bis nach Straßburg und Salzburg, ja über sie hinaus in den slavischen Osten." Während der „Sachsenspiegel" vorzugsweise das in Norddeutschland geltende Recht zusammenstellte, bot der „Schwabenspiegel", eine 1273 entstandene Erweiterung desselben, auch süddeutsche Rechtsbräuche. Das gebotene Gericht wurde beläutet und beschreit. Die Glocke rief alle Freien und die Urteiler insbesondere zu ihrem fad£ren-Rechte, wie die Kirchenglocke zum Gottesdienst, die Sturmglocke gegen Feind, Mörder und Feuer aufrief. Der Gegner dagegen wurde in der ältesten Zeit ohne Einmischung des Richters gerufen; der Kläger selbst sortierte feinen Schuldner, im Beisein von Zeugen, vor Gericht

6. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 98

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
98 mit einem besonderen Frieden begabt, der sie vor dem Lärm desweltlichen Treibens schützen und Streitlustige von ihren Mauern fern halten sollte. Dieser Kirchenfriede. anfangs auf die Gebäude beschränkt, ward später über das gesamte Kirchengut ausgedehnt und den öffentlichen Beamten jede Ausübung weltlicher Handlungen auf demselben verboten. In ebenderselben Weise war auch Königsgut der Amtsbefugnis öffentlicher Beamten entzogen. Die Ausnahmestellung namentlich kirchlicher Gebiete bewirkte, daß bischöfliche Orte sich rasch mit Bewohnern füllten. Wenig angenehm erschien dieser starke Abfluß dienst- und abgabenpflichtiger Leute den Grafen, den rechtmäßigen Richtern des Gaues. Es trat ein gespanntes Verhältnis ein zwischen Kirche und Reich, das sich erst löste, als die sogenannten ottonischen Privilegien (Ausnahmsrechte) den Bischöfen die Grafenrechte, d. i. die öffentliche Gerichtsbarkeit, für- ihren Jmmunitätsbezirk übertrugen. Dadurch trat der Bischof an die Stelle des Königs, er war nicht nur der Grundherr eines Teiles der Einwohnerschaft, sondern zugleich der Stadtherr für alle, und seinem Gerichte unterstanden sowohl die Freien als auch die Unfreien. Im einzelnen gliederte sich die Einwohnerschaft einer Stadt in folgender Weise: Den ersten Rang nahmen die Geistlichen und die Dienstmannen des Bischofs ein. Er beriet mit ihnen, was in geistlichen und weltlichen Dingen dem Bistum und der Stadt am meisten fromme, und zog an der Spitze der Dienstmannen aus, um dem König die schuldigen Kriegsdienste zu leisten. Die zweite Stelle gebührte den Bürgern, die frei waren und dem Bischof nur als Stadtherrn huldigten. Sie zahlten einen jährlichen Zins von ihren Häusern und waren auch sonst zu mancherlei Diensten verpflichtet. Diese Verpflichtung ruhte indes nur auf der Gemeinschaft aller Freien, nicht auf jedem Einzelnen. Die Gesellschaft der Kaufleute in Straßburg mußte z. B. Botendienste thun, immer vierundzwanzig zur Zeit uni> jeder dreimal im Jahre. Die Botenreisen geschahen nur innerhalb des Bistums und stets auf Kosten des Bischofs. In Augsburg zahlten die freien Bürger alljährlich am Michaelistage einen Grundzins von vier Pfund Pfennigen an den Bischof. Wenn derselbe eine Romfahrt unternehmen mußte, sei es mit dem Reichsheer oder zum Empfang der Weihe, so vereinbarte er mit den Bürgern die Höhe des Zuschusses, den sie zu leisten hatten; für eine Hoffahrt, die er auf Befehl des Königs oder zum Nutzen der Kirche antrat, betrug der Zu-

7. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 102

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
102 5iis aber im 11. Jahrhundert die Revolution der Fürsten gegen ihren König und Herrn Heinrich Iv. ausbrach und die Bischöfe sich auf die Seite der Kirche stellten, da trat an die Bürgerschaft die Frage heran, ob sie einem Herrn noch länger dienen solle, der durch den Bruch der Lehnstreue seine oberste Pflicht als Reichsfürst gröblich verletzt hatte. Wie die Bürger sich entschieden haben, geht aus dem Umstand hervor, daß Kaufleute und Handwerker in hellen Haufen zum Könige eilten, um ihm im Kampfe gegen die Empörer zu helfen. Was sie dazu trieb, war wohl zunächst die Treue gegen den obersten Lehnsherrn, dann aber auch die Erwägung, daß Handel und Gewerbe nur durch die starke Hand des Königs geschützt werden konnten. Zum Lohne für ihre Anhänglichkeit und Ausdauer verlieh Heinrich Iv. 1074 den Bürgern von Worms besondere Freiheiten, die Heinrich V. 1114 bestätigte und erweiterte, ebenso empfingen die Bürger von Speier 1111 durch ihn königliche Privilegien (Ausnahmsrechte). Der große Freiheitsbrief für Speier zerfällt in zwei Teile: der erste sprach die Aufhebung des Buteils oder Sterbefalles aus und entlastete die unteren Stände, die dem Hofrecht unterworfen waren. Eine Entschädigung für die bisher zum Empfange dieser Abgabe berechtigten Herren verbot der König, da ein Herkommen, das Armut zur unausbleiblichen Folge habe, abscheulich und gottlos sei. Das Erbe sollte ungeschmälert auf die Kinder, oder, falls keine vorhanden wären, auf die nächsten Verwandten übergehen. Als die Herren nun verlangten, daß ihnen doch wenigstens das Besthaupt vom Vieh und bei Frauen das beste Gewand aus der Erbschaft ihrer Hörigen zufallen müsse, nahm Kaiser Friedrich I. sich der letzteren an und gewährte ihnen volle Befreiung, also auch von Besthaupt und Gewandrecht. Damit dieser erste Teil der Urkunde nicht in Vergessenheit gerate, wurde er mit goldenen Buchstaben und dem Bilde des Kaisers in die Vorderseite des Domes eingegraben. Der zweite Teil des Freiheitsbriefes bezieht sich auf alle Bürger. Sie sollen in der Stadt frei sein von allem Zoll. Die Gefälle, welche als Zeichen der Anerkennung bischöflicher Herrschaft bislang noch gezahlt waren, der Bau- und Schulpfennig, der Pfefferzins, den die in den Stadthafen einlaufenden Warenschiffe zu entrichten hatten, sind aufgehoben. Beamte des Bischofs dürfen Bäckern, Metzgern oder sonst jemandem in Zukunft wider ihren Willen nichts wegnehmen. Auch soll niemand in der Stadt den Weinbau ausüben, die Bürger zwingen.

8. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 82

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
82 so bürste er soffen, daß sie als Bischöfe feine Bestrebungen gegenüber aufsässigen weltlichen Fürsten unterstützen mürben. (Heinrich Ii. und Konrab Ii.) Der König unterzeichnete die ihm vorgelegten Schrift* stücfe nicht mehr mit feinem vollen Namen, fonbern mit einer künstlichen Zusammenstellung von Buchstaben, aus benen fein Name ge-bilbet werben konnte (Monogramm). (Vergl. die Unterschrift Ottos b. Gr. unter einer Urfunbe, die sich auf dem Rathaufe zu Goslar befinbet.) Zur Gültigkeit des Schriftstückes war außer der Unterschrift des Königs biejenige des Erzkanzlers erforberlich; gewöhnlich unterschrieb der Kanzler in Vertretung des Erzkanzlers. Für Deutsch-lanb bekleibete der Erzbischof von Mainz biefes Amt. fürjtalien der Erzbischof von Köln und für Burg und der Erzbischof von Trier. Neben den geistlichen erscheinen zur Zeit Heinrichs Iv. auch weltliche Herren als Berater (Negierungsräte) des Königs. Diese waren häufig dem Stanbe der Ministerialen entnommen. Königs- Einige Herrscher haben nach ihrer Krönung einen ,Krönungsritt' nttl durch die einzelnen Fürstentümer des Reiches unternommen; bei biefer Gelegenheit pflegten biejenigen zu hutbigen, die nicht bei der Wahl ober bamals anberen Sinnes gewesen waren. Bei feinen Reifen durch das Reich übte der König an dem Orte, wo er sich aufhielt, die Ge-tnb richtsbarfeit aus. Zur Feier hoher Kirchenfeste versammelte er die Fürsten und Großen der Umgegenb an feinem Hofe (Hoftag) und besprach Regierungsangelegenheiten mit ihnen. Betrafen biefe das ganze Reich, so ergingen Einlabungen zur Versammlung an alle Großen (Reichstag). Alles, was die Würbe und Ehre des Reiches förbern ober schäbigen konnte, Aufrechterhaltung der Orbnung (Lanb-friebe), Stellung zu den fremben Völkern. Rechtsstreitigkeiten, Aburteilung hochverräterischer Fürsten, kam zur Verhanblung, die der König leitete. Er griff auch wohl selbst als Rebner ein; bei Angelegenheiten, die ihnen befonbers am Herzen lagen, haben einige Herrscher Bischöfe und Fürsten sogar kniefällig gebeten. (Heinrich Ii., Konrab Ii., Heinrich Iv.) Am Schluffe der Besprechungen forberte der König einen der Fürsten auf, in kurzen Worten die Entfcheibung des Reichstages aufzusprechen. Diesem Spruche stimmten die übrigen Anwefenben zu, und der König erhob ihn zum Gesetze, iunfler Es würde mehr und mehr Regel, daß die Fürsten an der Re-gierung des Reiches teilnahmen. Karl b. Gr. hatte die Großen seines Komge.reiches zu Beamten herabgebrückt, aber schon seine nächsten Nach-

9. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 115

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
115 Weit einflußreicher noch waren zur Zeit der Minderjährigkeit Heinrichs Iv. die Erzbischöfe Adalbert I. von Bremen (f 1072) und Anno Ii. von Köln (f 1075). Beide arbeiteten den Bestrebungen des großen Papstes ihrer Zeit, Gregors Vii., eifrig entgegen, bekämpften einander jedoch um die Herrschaft im Reiche bis zum Tode. Adalbert erstrebte ein vom Papsttum unabhängiges nordisches Patriarchat und vernachlässigte darüber, wie Adam von Bremen klagt, seine Diöcese. Der überaus fromme und wohlthätige Anno dagegen, welcher Kirchen und Klöster reich beschenkte, unterwarf sich nach dem Kampfe gegen Rom, zu welchem er die deutschen Bischöfe (1062) aufgerufen hatte, den Beschlüssen jenes von Hildebrand (dem 1073 zum Papst gewählten Gregor Vii.) versammelten lateranischen Konzils." Der Bischof war ein Fürst geworden und als solcher besetzte er das Gericht. Da er aber nach kanonischem (kirchlichem) Recht als Diener Gottes seine Hände nicht mit Blut beflecken durfte, so trat für den Blutbann ein kaiserlicher Vogt in Thätigkeit. Galt doch der Kaiser als Stifter der Bistümer und Reichsabteien. Er setzte durch Überreichung von Ring und Stab (Investitur) die geistlichen Würdenträger in ihre Ämter ein und übte das Schutzrecht über sie aus. Bei der großen Zahl der Kirchen war es dem Kaiser aber nicht möglich, die Pflichten dieses Amtes überall selbst zu erfüllen, er mußte daher Stellvertreter ernennen, denen er die Schutzvogtei und das Amt des Blutrichters übertrug. Die Bischöfe strebten nun alsbald darnach, die Wahl dieses Beamten in ihre Hände zu bringen, damit nicht Vögte ernannt würden, die den Besitzstand jder Kirche gefährdeten. Und diese Befürchtung ward Thatsache, als das karolingische Königshaus sittlich zerfiel, als die Macht der weltlichen Herren und die Einfälle der auswärtigen Feinde die Kraft des Königtums vollständig gebrochen hatten. Der Laienadel brauchte das Amt des Vogtes jetzt als Vorwand, um die Güter der geistlichen Stiftungen an sich zu reißen und die kirchliche Verwaltung zu stören. Der Bestand des Kirchengutes war in Frage gestellt. Diese Gefahr erkannte Otto d. Gr. Nachdem es ihm gelungen war, mit Hilfe seines Bruders Bruno und anderer Bischöfe (s. o.) zunächst das kirchliche Leben von innen heraus zu bessern, Frömmigkeit und Sittlichkeit unter den Geistlichen neu zu beleben, ging er daran, den Bistümern auch materiell wieder aufzuhelfen. Er übertrug den geistlichen Herren Münz-, Zoll- und Marktrecht. Der alte, 8*

10. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 118

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
118 Das Heer. hatte. Was half es ihnen, daß sie protestierten! Am Ende des Kampfes beugten sich die Kaiser vor der Tiara; Heinrich V. verzichtete im Konkordate zu Worms (1122) auf die Investitur und behielt nur das Recht der Belehnung für die weltlichen Besitzungen; Friedrich I. beugte sich zu Venedig vor Alexander Iii., der die Seele des lombardischen Städtebundes war; Innocenz Iii. beseitigte endlich 1198 die Lehnsherrschaft des Kaisers über Rom und die Marken. Fortan galt des Papstes Befehl in Deutschland mehr als der kaiserliche Wille, die kaiserliche Herrschaft war in ihren Grundlagen zerstört; aber auch die siegreichen Päpste wurden ihres Sieges nicht froh, für den deutschen Oberherrn tauschten sie bald den französischen ein, der sie ganz und gar seinen Zwecken dienstbar machte. In den großen Kämpfen der Kaiser gegen die Fürsten und gegen die Päpste waren die Grenzen, welche menschlichen Ansprüchen gesteckt sind, oft sehr wenig oder gar nicht beachtet worden. Man hatte auf beiden Seiten Rechte gefordert, die nur einer der streitenden Parteien zustehen konnten, und Bestimmungen getroffen, deren Erfüllung nur durch Gewalt zu erreichen war. Der Sieg mußte naturgemäß dem Mächtigsten zufallen; wer die meisten Machtmittel befaß, feien diese weltlicher (Geld. Soldaten, Waffen, Festungen u. dgl.) oder geistlicher Natur (Bann, Interdikt), und dazu sich der geistigen Überlegenheit erfreute, die Herzen und Gewissen zu seinem Dienste zwang, der durfte auf den endlichen Triumph feiner Sache mit Sicherheit rechnen. Dies führt zu der Frage, worin Macht und Recht im deutschen Reiche bestanden und wie sie gehandhabt wurden. Seitdem das Lehnswesen alle Schichten der Bevölkerung ergriffen und in der einen ober andern Weise den Einzelnen an seinen Platz gestellt hatte, war im Heerwesen einen gewaltige Veränderung eingetreten. An die Stelle der waffenfähigen Freien, deren Zahl sich bedenklich verminderte, setzten sich die Vasallen und Ministerialen. Bei einem Aufgebot zum Kriege wurden diese von ihrem Lehnsherrn einberufen und kriegsmäßig ausgerüstet. Wer von den Lehnsleuten daheim bleiben durste, hatte für diese Vergünstigung eine Summe Geldes an den Oberherrn zu zahlen. Ebenso mußten auch die Bauern und die hofhörigen Hanbtnerfer in den Stäbten zu den Kosten des Kriegszuges beisteuern. Nur im Falle der Not, wenn der Feind ins Land brach, war jedermann im Volke zum Kriegsbienst verpflichtet, auch zum Festungsbau konnte das Volk herangezogen werden.
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